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Robotik

Korth Kristalle GmbH: Wenn Roboter Fenster fasen

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kiel entwickelt für die Korth Kristalle GmbH ein Roboter-gestütztes Szenario zum Fasen von optischen Fenstern, die auch im Bereich der Luft- und Raumfahrt eingesetzt werden.

  • Korth Kristalle GmbH
  • ca. 25 Mitarbeitende
  • Vernetzte Produktion / Maschinenbau
  • Machbarkeitsanalyse & Umsetzung

Sie sind kaum größer als ein 2 Euro-Stück: Die Fenster, die in den Schneid-, Schleif- und Polierwerkstätten der Korth Kristalle GmbH in kleinen bis mittleren Losgrößen produziert werden. Heute wird jedes Fenster von einem Spezialisten manuell bearbeitet. Doch um dem zunehmenden Fachkräftemangel und der Konkurrenz aus China zukunftssicher begegnen zu können, muss sich Korth Kristalle für die Zukunft anders aufstellen. Unterstützung bekommt das Unternehmen dabei von den Robotik-Experten Prof. Dr. Bernd Finkemeyer und Finn Tümmler des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kiel (M4KK). Ziel ist es, Szenarien sowie deren Umsetzbarkeit zu validieren.

Was bedeutet "fasen"?

Eine Fase ist eine abgeschrägte Fläche an einem Werkstück oder Gegenstand, um scharfe Materialkanten zu entfernen.

Das soll erreicht werden

Zur Entwicklung Roboter-gestützter Szenarien werden folgende Fragestellungen betrachtet:

  • Welche Prozessschritte können mit einem Roboter automatisiert werden?
  • Mit welchem zeitlichen und finanziellen Aufwand lassen sich diese Schritte umsetzen?
  • Wie integriere ich die automatisierten Prozessschritte in meinen Workflow?
  • Wie ist die Fehlertoleranz und -quote?
  • Lohnt sich das für mich?

Mit dem Ziel,

  • einen Ablauf zur Erreichung einer hohen Fertigungsflexibilität bei gleichzeitig hoher Prozesssicherheit und Produktivität zu entwickeln,

um

  • eine Entscheidungsgrundlage für den zukünftigen Robotereinsatz bei Korth Kristalle zu definieren.

Kollege Roboter im Mittelstand

War es bis vor nicht allzu langer Zeit vor allem die Autoindustrie, die auf Robotik setzte, so halten Roboter verstärkt Einzug in kleinere Unternehmen. Sie sind preiswerter und kleiner geworden und lassen sich leichter programmieren. Das macht sie für neue Einsatzzwecke interessant. So auch bei Korth Kristalle. „Wir wollen testen, ob der Einsatz von Robotik für uns wirtschaftlich attraktiv ist“, erklärt Dr. Dirk Wulff-Molder, Leiter der Kristallzüchtung bei Korth Kristalle. Für das 25-Köpfe starke Familienunternehmen aus Kiel ist das jedoch leichter gesagt als getan. Ohne externe Unterstützung geht es nicht, denn weder die personellen noch die finanziellen Ressourcen sind auf die Erstellung einer Machbarkeitsanalyse und eines ersten Prototypen im Bereich Robotik ausgelegt. „Für uns ist die kostenlose Unterstützung des Kompetenzzentrums der ideale Weg, sich mit neuen Themen rund um die Digitalisierung auseinander zu setzen“, freut sich Dirk Wulff-Molder, der die Möglichkeiten des M4KK im Rahmen einer Infoveranstaltung kennen gelernt und auch gleich den Kontakt hergestellt hat.

So wird heute bei Korth Kristalle gearbeitet

Derzeit werden die optischen Fenster durch einen Mitarbeitenden manuell beidseitig mit einer 45°-Fase in einer Schleifmaschine versehen. Der optimale Schliff wird dabei ausschließlich durch das sensitive Empfinden des Mitarbeitenden gewährleistet: Habe ich das Fenster richtig in der Schleifmaschine positioniert und ist der ausgeübte Druck optimal? Doch Gefühl und Erfahrungen allein reichen nicht. Während des Schleifvorgangs überprüft der Mitarbeitende das Schleifergebnis mehrmals mittels einer Präzisions-Messlupe und kann so entscheiden, wo gegebenenfalls nachgearbeitet werden muss. Ein zeitaufwändiger Prozess, der viele Personalressourcen bindet – schließlich müssen bis zu 1.000 Fenster nacheinander geschliffen werden.

Und so könnte zukünftig bei Korth Kristalle gearbeitet werden

Es kann losgehen: Fenster aufnehmen, erste Seite fasen lassen, Fenster umdrehen, zweite Seite fasen lassen. So die Arbeitsschritte im Modellaufbau. Finn Tümmler aktiviert den Roboter und schon legt der Roboterarm los und zeigt, was in ihm steckt. Strecken, beugen, greifen, lagerichtig ablegen. Alles mit übermenschlicher Präzision. Was so einfach aussieht, sind komplexe Prozesse. Der Roboter kann die Griffe nur sicher und stetig wiederholbar ausführen, wenn alle Faktoren der Greifsituation bekannt sind und in die Entwicklung einfließen können. Faktoren sind im diesem Fall beispielsweise die Fenstergeometrie, das Gewicht, die geplante Greiftechnik, die Fensterbereitstellung und Ablage, die Taktzeit, der Arbeitsbereich und sicherheitsrelevante Faktoren. Alle diese Faktoren wurden im Versuchsaufbau betrachtet und dokumentiert.

Perfekter Schliff - alles ganz einfach. Oder?

Roboter ist nicht gleich Roboter - wie auch Auto nicht gleich Auto ist. Ganz wichtige Unterscheidungskriterien sind Programmierung und Bedienbarkeit. Dazu gehören beispielsweise Handführung (Roboter lernen Bewegungsbahnen/-abläufe durch Führen per Hand) oder einfach zu bedienende grafische Benutzeroberflächen. So sind immer mehr Roboter in der Lage, auch ohne Programmierkenntnisse neue Aufgaben zu erledigen, was die Akzeptanz bei kleinen und mittleren Unternehmen enorm steigert. Das hat auch das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kiel bei seinen entwickelten Szenarien im Blick und hat Korth Kristalle deshalb zwei verschiedene kollaborative Robotersysteme vorgestellt: Einen Kuka Roboter, der sowohl Kenntnisse in der Robotik als auch Programmierung voraussetzt und einen Universal Roboter, der auch ohne explizite Robotik-Fachkenntnisse programmiert werden kann. Allerdings hat sich schnell gezeigt, dass bei komplexeren Applikationen das grafische Programmiersystem des Universal Roboters relativ schnell an seine Grenzen stößt, da gewünschte und erforderliche Funktionen auf der Programmieroberfläche nicht zur Verfügung stehen. Sprich - um die Anwendung mit dem Universal Roboter zu realisieren, musste auch hier programmiert werden.

Fazit

So einfach das Szenario auf den ersten Blick klingt - Fenster aufnehmen, schleifen, umdrehen, schleifen, ablegen - so komplex zeigte es sich in den Details und Bedarf bei der Realisierung eindeutig fundierter Kenntnisse in Robotik und Programmierung. Und das bei beiden Robotersystemen. Basierend auf dieser Erkenntniss sieht Korth sich für die zukünftige Auswahl eines Systems gut vorbereitet und informiert.

Ohne die kostenlosen Angebote des Kompetenzzentrums wären wir das Thema Robotik zum jetzigen Zeitpunkt nicht angegangen. Jetzt sehen wir uns hier für die Zukunft richtig aufgestellt.

Dr. Dirk Wulff-Molder, Korth Kristalle GmbH

Und, was können wir für Sie tun?

Sie überlegen, ob das Thema Robotik auf für Ihr Unternehmen relevant ist? Sie haben bereits konkrete Ideen und Anforderungen, würden diese aber gerne auf den Prüfstand stellen?

Die Experten vom Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kiel sind gerne für Sie da. Sprechen Sie uns einfach an. Wir freuen uns auf Sie!

Ihre Robotik-Experten

Prof. Dr.-Ing. Bernd Finkemeyer
Prof. Dr.-Ing. Bernd Finkemeyer Mensch Roboter Kollaboration

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