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Ortung

Nie wieder Ladungsträger suchen

Das Mittelstand-Digital Zentrum Schleswig-Holstein (MDZ-SH) entwickelt im Rahmen eines Projektes gemeinsam mit der Mankenberg GmbH eine Ortungslösung von Ladungsträgern in der Fertigung.

  • Mankenberg GmbH
  • 190 Mitarbeitende
  • Industrie/Fertigung
  • Praxisprojekt

Die Lübecker Mankenberg GmbH produziert Industriearmaturen mit einer hohen Fertigungstiefe. Das bedeutet, alle Komponenten für die verschiedenen Produkte sind im Haus vorhanden und müssen für jeden Prozess pünktlich bereitstehen, denn nur so ist es möglich, jeden Auftrag termingerecht abzuarbeiten und auszuliefern. Konkret heißt das, dass in der Fertigung bei Mankenberg ungefähr 1.000 verschiedene Ladungsträger mit Teilen im Umlauf sind. Allein diese Zahl verdeutlicht, wie wichtig es ist, den Überblick darüber zu haben, welches Teil sich wo befindet. Für den internen Transport der Ladungsträger hat das Unternehmen bereits ein fahrerloses System eingeführt. An dieser Stelle kam Mankenberg mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Schleswig-Holstein ins Gespräch und stellte die Frage nach einer geeigneten Ortungslösung für alle Ladungsträger. Und wie es ist, wenn die richtigen Menschen zur richtigen Zeit zusammenfinden, wurde aus einer ersten Sprechstunde schnell ein Digitalisierungsprojekt mit dem Ziel, eine praktikable Lösung für die Ortung der Ladungsträger in der Fertigung zu entwickeln.

Technisch gibt es mehrere Möglichkeiten, das Thema anzugehen, deshalb ging es im ersten Schritt darum, eine geeignete Technologie zu bestimmen und weniger geeignete Lösungen zu verwerfen. Sven Kretzschmar-Hagelstein ist Fertigungsleiter bei Mankenberg. Er schätzt an der Projektarbeit mit dem MDZ-SH-Team vor allem, dass in diesem Rahmen „Zeit war, eine richtige Analyse zu machen und die richtigen Fragen zu stellen. Gerade bei Themen, in denen wir uns nicht im Detail auskennen, freuen wir uns, wenn die Fachleute sagen: ‚lasst uns doch einfach mal messen‘“.

Angesichts der Menge der Ladungsträger muss die ausgewählte Technologie natürlich auch bezahlbar sein. Die Lösung bei Mankenberg heißt: Bluetooth-Beacons gekoppelt mit der BDE-Kennung an jedem Ladungsträger, damit später das ERP-System mit der Ortung verbunden werden kann. Streng genommen ortet Mankenberg also nicht die Ladungsträger selbst, sondern die Beacons (engl. Leuchtfeuer). Und noch strenger genommen, werden die Ladungsträger nicht geortet, sondern lediglich einer Position zugewiesen, wenn das Beacon-Signal stark genug empfangen wird.

Der Weg zur Bluetooth-Ortung

Das Suchen nach Werkzeugen und Material kann für jeden beliebigen Arbeitsablauf zu einer zeit- und nervenraubenden Prozedur werden. Wie schnell ist etwas „mal eben“ abgestellt, aus der Hand gelegt und dann vergessen, selbst in einer ordentlichen Umgebung, in der alles seinen Platz hat. Eine Möglichkeit, zumindest an jeder Arbeitsstation zu wissen, welches Material dort vorhanden ist, ist der Einsatz von Handscannern. Diese Lösung ist technisch einfach umzusetzen und kostengünstig, erfordert allerdings immer eine Person vor Ort, die scannt. Das Ziel des Ortungssystems ist es, automatisch zu erkennen, wenn der Ladungsträger an einer Station angekommen ist und durch einen Mitarbeiter bearbeitet werden kann. Neben Bluetooth existieren andere Funktechnologien, die prinzipiell in Frage kommen:

  • GPS-Ortung fällt jedoch im Gebäude aus, weil die Signale zu instabil sind und die Ortungsgenauigkeit zu gering.
  • Die Funktechnologie RFID eignet sich gut zur Erkennung, funktioniert allerdings nur in unmittelbarer Nähe zum Sender.
  • Ultrabreitband-Ortungstechnologien sind präziser, aber auch teurer und benötigen mehr Energie.
  • So fiel die Entscheidung schnell für eine Datenübertragung mit Bluetooth, die wenig Energie benötigt und für den Zweck ausreichend genau ist.

An jedem Ladungsträger wird ein sogenannter Beacon angebracht, ein kleiner Knopf, der ein Signal aussendet. Wichtig für die Ortung ist auch die Frage, welche Art der Position man angegeben haben möchte. Sind genaue X- und Y-Koordinaten erforderlich oder genügt die Angabe der logischen Position? Exakte Koordinaten bedeuten, man kann auch in einem Stapel genau sagen, an welcher Stelle sich der Ladungsträger befindet. Die logische Position benennt den Abstellort in der Halle. Je genauer die Ortung ist, desto mehr Empfänger werden benötigt. Deshalb reicht bei Mankenberg die logische Position, denn „eine hochpräzise Funktechnologie mit sehr kurzer Akkulaufzeit ist unpraktisch, weil der Akkutausch viel zu viel Zeit und Geld kostet“, fasst Marco Cimdins, Ortungsspezialist im MDZ-SH zusammen.

Die ausgewählten Beacons haben eine ausreichend lange Akkulaufzeit. Jeder Ladungsträger hat eine Kennung für die Betriebsdatenerfassung (BDE), die ihn eindeutig identifiziert. Damit die Ortung funktioniert, muss zum Start einmal jede BDE-Kennung mit der Kennung des Bluetooth-Beacons gekoppelt werden. Dann ist klar: Wo das Beacon ist, ist auch der Ladungsträger.

Und dann noch in die Auftragsverwaltung

Mankenberg hat sich vorgenommen, jedes Produktionselement mit dieser Technologie auszustatten. In dem Moment, in dem die Ortung an das Warenwirtschaftssystem (ERP) angeschlossen ist, wird der Ablauf komplett rund. Da jeder Ladungsträger verschiedene Arbeitsstationen durchläuft, zu denen das Transportsystem ihn bringt, wird jeder abgeschlossene Arbeitsschritt erfasst. Der Status für jeden Auftrag ist unmittelbar ersichtlich. Um zu verstehen, wie viel Nutzen diese Maßnahme bringt, muss man sich nur folgendes Szenario vorstellen: Ein Ladungsträger ohne Ortung wird versehentlich falsch abgestellt und uns ist so nicht ohne Weiteres aufzufinden. Der Auftrag hängt und man weiß weder warum, noch, wie oder wann es weitergeht. Läuft die Ortung dagegen reibungslos, lassen sich auch kleinere Pannen schnell beheben.

Ein groß angelegter Testlauf, der Gewissheit bringen soll

Ein umfangreicher Testlauf brachte die Gewissheit, dass die ausgewählte Technologie auch wie geplant funk­tio­niert. Immerhin soll zukünftig eine große Anzahl von Ladungsträgern, die mit vielen metallischen Gegenständen befüllt sind, geortet werden – eine für Funksignale wie Bluetooth-Beacons gleichermaßen herausfordernde Umge­­bung. Gemeinsam mit dem in Lübeck ansässigen Ortungs­anbieter Hypros wurden zwei verschiedene auf Bluetooth basierende Ortungssysteme aufgebaut und im Projekt ausführlich getestet und ausgewertet. Kretzschmar-Hagelstein dazu: „Hier haben wir die passenden Partner kennengelernt, die die Hard- und Software anbieten. Bluetooth ist natürlich grundsätzlich bekannt; ob die Technologie allerdings in unserem Umfeld funktioniert, wo die Behälter mit Metallteilen gefüllt sind, lässt sich nur durch Ausprobieren herausfinden.“ Das erfreuliche Ergebnis: Eine Zonenortung ist an nahezu allen Arbeitsstationen gut möglich. Auch aus randvoll beladenen Wagen schaffen es die Beacons noch, zuverlässig zu funken. An Stellen, die sehr nah beieinander und von Maschinen umgeben sind, kann eine aufwändigere Ortungstechnologie erforderlich sein. Mankenberg ist seit vielen Jahren als Hersteller zu einer lückenlosen Nachverfolgbarkeit seiner Produkte verpflichtet. Die Behälter jetzt zu orten, setzt diese Nachverfolgbarkeit fort und erweitert sie. Und da geht noch mehr, ist sich Kretzschmar-Hagelstein sicher: „In der Fertigung entstehen riesige Datenmengen. In der Zukunft wird interessant, wie wir diese Daten auswerten und was wir aus ihnen noch alles lernen können.“

Die Vorteile auf einen Blick

  • Zuverlässige Ortungstechnologie in der Praxis erprobt
  • Gründliche Analyse als Vorbereitung für die Anbieterauswahl
  • Fügt sich in bestehende und geplante Digitalisierungsmaßnahmen ein
  • Anbindung ans ERP-System

Ihre Ansprechpartner

Marco Cimdins
Marco Cimdins Vernetzung und Ortung