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LoRaWAN

Briefe, Regenwasser, Auto laden? – Das kann auch LoRaWAN!

Jörg Schröter experimentiert gern, um einfache Lösungen für Probleme zu finden. Doch es bleibt nicht beim Ausbau seines Smart-Homes. Die Potenziale des sogenannten Internet of Things landen schnell auch bei seinem Arbeitgeber, dem Maschinenbauer Baader aus Lübeck. Hier finden er und sein Team verschiedene Einsatzmöglichkeiten, um mit Sensoren und einem LoRaWAN-Netzwerk die Arbeit im Werk zu verbessern.

Auf einen Kaffee mit Jörg Schröter

27:17 min.

Jörg Schröter experimentiert gern, um einfache Lösungen für Probleme zu finden. Sein Team und er finden verschiedene Einsatzmöglichkeiten, um mit Sensoren und einem LoRaWAN-Netzwerk die Arbeit im Werk zu verbessern.

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Cimdins: Wir sind heute zu Gast bei Baader Maschinenbau. Herr Schröder, könnten Sie sich einmal kurz vorstellen und ein paar Wörter über das Unternehmen verlieren?

Schröter: Ja, vielleicht einmal kurz zu der Firma Baader. Wir sind ein mittelständisches Unternehmen und schon seit über 100 Jahren hier in Lübeck ansässig. Unsere Aufgabe ist es, Maschinen für die Lebensmittelverarbeitende Industrie herzustellen. Hier am Standort handelt es sich dabei um Fisch-Verarbeitungs-Maschinen mit ungefähr 650 Mitarbeitern. Ich bin verantwortlich für die Produktion und darum wird es heute in unserem Gespräch gehen.

Cimdins: Unser heutiges Thema ist, dass Sie die Technologie LoRaWAN bei sich zu Hause ausprobiert haben und letztendlich dann ins Unternehmen gebracht haben. Als wir uns das erste Mal zum Thema drahtlose Kommunikation getroffen haben, haben Sie erzählt, wenn bei Ihnen der Postbote Post einwirft, dass bei Ihnen zu Hause tatsächlich eine Sprachnachricht ausgespielt wird. Was hat es damit auf sich?

Schröter: Ja, eigentlich eine ganz interessante Geschichte. Wir bei uns im Haus haben eine Haus-Automation und wir wohnen in einer Eigentumswohnung in der zweiten Etage. Angefangen hat das Ganze damit, dass ich zu meiner Frau gesagt habe: „Eigentlich wäre es schön, nicht runter laufen zu müssen, um zu gucken, ob die Post da ist, sondern irgendwie ein Signal zu bekommen.“ Nun muss ich dazu sagen, dass meine Frau sehr milde darauf reagiert und etwas gelächelt hat. „Wenn Männer spielen wollen, dann sollen sie auch spielen.“ Und so ist es zu den ersten Überlegungen gekommen. Da wir in der zweiten Etage wohnen, ist eine drahtgebundene Kommunikation relativ schwierig. Also kam ich auf die Idee, dass mit einer anderen Technologie zu machen. Mir war damals LoRaWAN auch noch nicht bekannt. Und da fing es an, dass ich gesagt habe, vielleicht geht das ja über unser WLAN-Netz. Aber die erste Hürde bei WLAN ist, dass man eine relativ stabile Stromversorgung braucht und eine Steckdose haben wir nicht im Briefkasten. Außerdem passte die Reichweite nicht. Und dann war die nächste Idee, das mit einem anderen Standard zu machen. Das war zunächst ZigBee. Das ist eine Funk-Technologie. Aber da reichte die Entfernung nicht, die ZigBee überbrücken muss. Und dann bin ich im Netz auf eine Technologie gestoßen, die mir damals wie gesagt noch gar nicht bekannt war. Und da handelt es sich um LoRaWAN.

Cimdins: Das heißt, Sie haben einfach nach Technologien gegoogelt, die große Strecken überwinden können?

Schröter: Ja, da hatte ich einige Treffer bei Google und dachte, mit dem Thema kann ich mich mal auseinandersetzen. Zu dem Zeitpunkt war mir auch noch nicht bekannt, dass wir hier in Lübeck ein relativ großes und umfangreiches LoRaWAN-Netzwerk haben. Darum wollte ich mir erstmal selbst eine eigene Funk-Strecke über LoRaWAN aufbauen. Ich habe mir zwei Mikrocontroller und eine Software beschafft und ein Netz gebaut, das rein auf unsere Wohnung bezogen ist. Und auch da war die Situation, dass aufgrund der verwendeten Hardware die Distanz, die zu überbrücken war, wiederum viel zu groß war. Man muss dazu wissen, so ein Empfänger befindet sich ja dann letztendlich auch im Briefkasten und der schirmt den Funk ab. Durch weitere Recherchen bin ich dann darauf gekommen, dass es eben hier in Lübeck verschiedene Gateways für LoRaWAN gibt. Das hat dann dazu geführt, dass ich mir einen professionellen Sensor gekauft und versucht habe, den hier in das öffentliche Netz einzubringen. Na ja, nach ein bisschen Hin und Her wurde der Ehrgeiz immer größer und ich wollte noch mehr in der Wohnung machen. Aber die Reichweite der installierten Sensoren war nicht ausreichend und so bin ich dann selber auf ein eigenes Gateway bei uns in der Wohnung gekommen. Die Verbindung zwischen LoRaWAN und anderen Technologien ist relativ einfach, weil es da Daten und Protokolle gibt, die man vom Server abrufen kann. Mit überschaubarem Aufwand habe ich die Daten in meine Haus-Automation eingespielt und mit Alexa gekoppelt. Wenn jetzt bei uns der Briefkasten aufgeht, dann kommt die Aufforderung: „Hol mal eben die Post hoch!“ Ja, so hat sich das bei uns entwickelt.

Cimdins: Und wer geht dann tatsächlich runter?

Schröter: Je nachdem, wer das größere Interesse hat, was da in der Post sein kann. Das kann sowohl meine Frau als auch ich sein.

Cimdins: Was haben Sie konkret gemacht? Ist da jetzt nur ein Sensor im Briefkasten und zusätzlich eine Box, die man an den Strom anschließt oder braucht man da noch andere Komponenten? WLAN haben wahrscheinlich die meisten bei sich zu Hause. Da hat man ja in der Regel einen Access-Point, den man bereitgestellt bekommt. Wie sieht das bei LoRaWAN aus?

Schröter: Ja, also das, was ich mir im Haus installiert habe, ist ein kleines Paket für diejenigen, die ein bisschen eingeweihter sind. Die haben das vielleicht noch in Erinnerung, dass es von der WLAN-Technik kleine Repeater gibt. Das ist ein Stecker mit einem kleinen Gerät dran und an diesem Gerät werden die Funksignale der verschiedenen Sensoren aufgenommen. Mittlerweile habe ich nicht nur einen im Haus, sondern mehrere für verschiedene Dinge. Diese Geräte empfangen die Funksignale und das Gerät selbst ist im WLAN verankert. Über das WLAN-Netz gehen dann die Daten über das Internet auf einen Server, den wir dafür nutzen, um die Daten zu empfangen.

Cimdins: Der Briefkasten war ja erst der Anfang. Wann kam die Idee, dass auch direkt im Unternehmen anzuwenden?

Schröter: Ja, die Idee hatte genau genommen zwei Ursprünge und der erste war, dass wir im Haus überlegt haben, im Zusammenhang mit Corona Sensoren zu installieren, um in den einzelnen Räumen den CO2-Gehalt zu erfassen. Die Daten sollten dann an zentraler Stelle dargestellt werden, um bei hohen Werten entsprechend zu reagieren. Der andere Impuls kam daher, dass wir zweimal im Jahr das Problem haben, dass bei Starkregen die Kanalisation das Abwasser vom Hallendach nicht in Fülle aufnehmen kann. Und das passiert meistens in der Nacht. Dann ruft der Wachdienst an und sagt: „So, jetzt haben wir Wassereinbruch.“ Und dann rücken hier Mitarbeiter aus und schieben das Wasser wieder aus der Halle. Und da war die Erkenntnis, dass der Wachdienst nicht permanent hier in der Halle präsent sein muss, sondern wir am tiefsten Punkten, wo sich das Wasser sammelt, Sensoren installieren können. Diese Sensoren laufen jetzt über eine Software an einer zentralen Stelle auf und dann bekommen die verantwortlichen Leute eine SMS oder eine Mail.

Cimdins: Und statt, dass der Postbote eine Sendung einwirft und bei Ihnen Alexa loslegt, senden diese Sensoren ein Signal, dass Wasser in der Halle steht.

Schröter: Genau. Der Ablauf hat sich an der Stelle wiederholt. Also wir regeln nicht, sondern wir versenden Informationen auf bestimmte Ereignisse. Und dann sucht man natürlich im Unternehmen nach Mitstreitern. Also habe ich zwei Kollegen angesprochen, die auch für den Bereich Instandhaltung im Unternehmen zuständig sind und habe erstmal versucht, sie für dieses Thema zu begeistern. Das hat gefruchtet. Dann haben wir uns aus den Instandhaltungs-Abteilungen zusammengesetzt und einfach überlegt, an welcher Stelle können uns solche Systeme helfen? Der Vorteil dieses Systems ist, dass man keine eigene Stromversorgung braucht, sondern sie laufen über Batterien, die auch noch sehr, sehr lange halten. Und man muss auch nicht in das Netzwerk eingebunden werden, weil es eben ein eigenes Funknetz ist. Zudem ist das Ganze von der Kostenseite her mit relativ wenig Budget installierbar. Wir haben also aus dieser Ideensammlung heraus gesagt, dass wir Referenz-Projekte machen wollen und parallel dazu haben wir im Unternehmen eine Gruppe von Auszubildenden gebildet. Die beschäftigen sich nämlich mit Mikrocontroller und es war naheliegend, da Interesse zu wecken. Und so ist es dazu gekommen, dass wir auf der einen Seite zunächst einmal in einer Testphase versucht haben, verschiedene Sensoren unterschiedlicher Anbieter kennenzulernen. Parallel dazu haben wir Gateways aufgestellt, um eine gute Erreichbarkeit der Sensoren zu erhalten. Ja, und unsere Auszubildenden, die haben eben hier nach Vorgaben eine kleine Maßeinheit zusammengelötet und programmiert. Und so sind wir an das Thema herangegangen und haben mittlerweile über 30 Sensoren im Haus installiert, wobei wir uns final nicht auf einen bestimmten Hersteller fokussiert haben, um einfach zu sagen, dass eine kleinere Vielfalt auch dazu führt, dass bestimmte Abläufe bei der Installation und bei der Inbetriebnahme standardisiert werden.

Cimdins: Wie viel kostet eigentlich so ein typischer LoRaWAN-Sensor? Mehrere Hunderte Euro oder 50 €?

Schröter: Die klassische Antwort ist ja: von bis. Aber in der untersten Kategorie gibt es z.B. einen Sensor für „Tür auf, Tür zu.“ Den gibt es schon für unter 20 €. Und wenn man dann ein bisschen weitergeht und auch Temperatur oder Schalter-Vorgänge messen möchte, dann ist das durchaus möglich, für unter 30 € so einen Sensor zu bekommen. Es gibt aber auch Sensoren für mehrere hundert Euro. Die haben dann entsprechende Sende- und Empfangs-Qualitäten. Aber bisher liegt unser teuerster Sensor bei 80 €. Abgesehen davon, dass es hier das Stadtwerke-LoRaWAN gibt, und Draeger hat auch noch ein eigenes Gateway, das in Teilbereichen des Unternehmens tatsächlich so gut empfangbar ist, dass wir mit den Sensoren noch nicht einmal eigene Gateways brauchen. Dennoch wir haben uns dann dazu entschieden, dass wir im Haus ein Netz von Gateways haben wollen, was wir installiert haben. Das kostet so um die 75 €. Und wenn man das richtig machen will, dann kostet so ein Netz von Gateways etwa 300 Euro. Weil wir Blut geleckt haben, haben wir jetzt noch ein Outdoor-Gateway angeschafft.

Cimdins: Was war die erste Reaktion der Mitarbeiter? Sie haben gesagt, Sie binden sie sehr aktiv mit ein. Was sind da die Aufgaben?

Schröter: Ja, es fing damit an, nachdem die beiden Kollegen Interesse gezeigt hatten, dass ich aufgrund meiner Erfahrung Hinweise gegeben habe, wo interessante Anbieter für Sensoren sein könnten. Dann haben die beiden Mitarbeiter gesagt: „Ja, wir würden ganz gerne mal diesen oder jenen ausprobieren.“ Und dann haben wir geguckt, welche Sensoren passen gut zu uns. Da wir im industriellen Bereich arbeiten, liegt es nahe, dass wir auch Spritzwasser- und Feuchtigkeitsgeschützte Sensoren einsetzen. Und parallel sind da die ganzen Daten, die man über LoRaWAN sammelt. Die müssen an irgendeiner Stelle ausgewertet werden. Da war dann die Frage, mit welcher Software setzen wir uns auseinander? Wir haben erst mit einer kostenlosen Software angefangen, die unter dem Namen Cayenne läuft und mit dieser Software wurden dann die ersten Versuche gemacht. Wie kann man den Sensor an das Netz bringen? Wie kann man das auf einem Desktop gut darstellen? Das waren so die ersten Tätigkeiten. Daraus hat sich dann entwickelt, dass wir gesagt haben Cayenne ist ganz gut, aber es gibt noch bessere Dinge. Und dann sind wir auf eine Software gekommen, die sich TagoIO nennt. Mit der haben wir dann weitergearbeitet. Es hat sich hier im Haus quasi stufenweise entwickelt. Da man bei TagoIO nur bestimmte Kontingente an Daten und Sensoren hat, die man frei installieren kann, haben wir natürlich schnell das Limit erreicht und sind dann offizieller Nutzer von dieser Software geworden. Und so ist es dazu gekommen, dass wir gesagt haben, wir wissen jetzt erstmal, was man machen kann. Jetzt haben wir genug gelernt und wollen ein bisschen fahren. Und dann fing es an, dass wir gesagt haben, wir machen eigene Projekte. Schnell kamen wir auf ein Thema, dass uns alle berührt. Es gibt im Sommer immer mehr Phasen von hohen Temperaturen und im Zusammenhang mit der Arbeitsstätten-Verordnungen haben Unternehmen die Vorgaben, dass bestimmte Reaktionen stattfinden, wenn Grenzwerte erreicht werden.

Cimdins: So was wie Hitzefrei?

Schröter: Hitzefrei wäre sehr schön. Aber es gibt bestimmte Regeln, zum Beispiel dass der Arbeitgeber Getränke stellt. Oder der Arbeitgeber lässt gelockerte Arbeitskleidung zu. All dies sind Instrumente für diesen Punkt. Wir haben geregelt, dass Mitarbeiter ab bestimmten Temperaturen Pausen machen müssen oder der Arbeitsplatz gewechselt werden muss. Ja, und aus dieser Diskussion wurde mir die Frage gestellt: „Wollen wir jetzt überall Thermometer aufhängen?“ Und da lag der Gedanke nahe, wenn man LoRaWAN kennt, dass man sagt: „Ja, wir wollen ein Thermometer aufstellen, aber eben nicht auf dem klassischen Weg, sondern wir machen etwas über LoRaWAN.“ Und ab da ist es sehr sehr einfach gewesen. Hier im Unternehmen haben wir mittlerweile so etwas wie ein Temperatur-Kataster. Das heißt, wir haben 14 neuralgische Punkte festgelegt, überwiegend im operativen Bereich, aber auch im Büro-Bereich, wo alle 20 Minuten die Temperatur erfasst wird. Die geben die Daten über LoRaWAN weiter und dann werden sie grafisch dargestellt. Aber das entscheidende ist, wenn Grenzwerte überschritten werden, dann geht eine Nachricht an die Vorgesetzten raus. Sie müssen die Mitarbeiter dann darüber informieren, dass es eine Pause gibt, die selbstverständlich vom Arbeitgeber bezahlt wird.

Cimdins: Das heißt es gehen jetzt keine Mitarbeiter mehr rum, schauen auf ein Thermometer und suchen dann die Vorgesetzten, sondern alles passiert automatisch. Und das mit relativ wenig Aufwand und die Daten sind auch für alle sichtbar?

Schröter: Wir haben hier im Unternehmen ein Projekt, das nennt sich Info-Screen. Das sind Bildschirme, auf denen aktuelle Information kommuniziert werden. In den Sommermonaten haben wir da ein Slide, auf dem das Temperatur-Kataster angezeigt wird. Darauf ist farblich ablesbar, wenn Grenzwerte überschritten werden, so dass die Mitarbeiter das auch selber erkennen und im Zweifelsfall ihren Vorgesetzten ansprechen können.

Cimdins: Wenn wir über hohe Temperaturen sprechen, wirkt sich das auch auf die Maschinen aus?

Schröter: Ja, das war ein zweites Thema, an das wir uns heran gemacht haben. Wir haben uns mit den Kollegen über Instandhaltungskosten unterhalten. Da liegt es nahe, wenn man über Temperaturen redet? Zum Beispiel, dass man sich Gedanken über den Schaltschrank macht und die Temperatur ein erster Indikator für einen technischen Defekt sein kann. Es ist eine Möglichkeit relativ elegant und ohne in die Maschinen-Steuerung einzugreifen, Temperaturen zu erfassen. Das waren dann auch die ersten Ideen, die wir umgesetzt haben. Aber wir haben auch gemerkt, dass es immer auch eine Frage der Ressourcen ist, die man zur Verfügung hat. Darum wollten wir das auf ein Projekt fokussieren. Und genau hier sind wir auf Mittelstand-Digital gekommen. Uns wurde das Angebot gemacht, gemeinsam und exemplarisch ein Betriebsmittel zu untersuchen? Welche Möglichkeiten der Anwendung und der sinnvollen Datenerfassung bestehenden an diesem Betriebsmittel? Hier sind wir über die Temperaturen hinaus also weitergegangen. Es gibt ja auch andere Dinge, z.B. Filter-Zustände abfragen, so dass man im Zuge der vorbeugenden Instandhaltung nicht erst damit konfrontiert wird, wenn der Filter absolut dicht ist und die Maschine steht, sondern dass man auch frühzeitig Signale bekommt. Damit können wir den Stillstand der Maschine besser planen. Oder … Viele dieser Werkzeugmaschinen benutzen Kühlflüssigkeit und es gibt im Prozess einen Austrag dieser Kühlflüssigkeit. Das bedeutet also, dass die regelmäßig nachgefüllt werden muss. Dafür haben wie einen Mitarbeiter und bisher war es so, dass der eine Info von der Maschine bekommt, dass nachgefüllt werden muss. Das kann manchmal schon zu spät sein, weil sich die Anlage abschaltet, wenn ein bestimmter Pegelstand unterschritten ist. Für diesen Mitarbeiter ist der Plan, dass er an seinem Arbeitsplatz ein Dashboard hat und alle Maschinen, die er betreut, dort abgebildet sind, damit er den Pegelstand frühzeitig erkennen kann. Und dann kann er morgens seine Runde drehen und weiß, an welcher Maschinen er entsprechende Emulsion nachfüllen muss.

Cimdins: Also weg vom manuellen Abtasten: Ich muss zur Maschine gehen, mache den Deckel auf, schaue nach, wie der Zustand ist. Sondern man weiß direkt, wie der aktuelle Stand ist.

Schröter: Genau das ist der Ansatz. Und ja, an unserem Pilotprojekt haben wir auch einiges gelernt und wir sind jetzt eigentlich dabei, diese Idee zu etablieren. Und dann ist der nächste Schritt, dass wir das auf die weiteren Betriebsmittel in ähnlicher Form umsetzen.

Cimdins: Wenn wir noch mal zum Starkregen zurückkommen, gibt es da mittlerweile schon eine Lösung?

Schröter: Ja, interessanterweise, es gibt auch immer Parallel-Lösungen. Mittlerweile hat der Abwasser-Bereich der Hansestadt Lübeck das Problem auch erkannt und das Rohrleitungsnetz verändert. Ob das jetzt alleine dafür ursächlich ist oder vielleicht auch die Konstellation des Wetters, das weiß ich nicht. Auf jeden Fall haben wir diese Dinge installiert und wir werden jetzt sehr, sehr früh erkennen, wenn das Wasser kommt. Und die Mitarbeiter, die dafür zuständig sind - wir haben so eine Art Freiwilligendienst im Werk - die werden zukünftig über das System informiert.

Cimdins: Können Sie sagen, was die größten Hürden sind oder welche Punkte auf Anhieb geklappt haben? Was würden Sie zum Beispiel jetzt anderen Unternehmen mitgeben, wenn Sie sich mit solchen Technologien beschäftigen?

Schröter: Ja, ich will mal sagen, eine Sache haben wir garantiert zunächst erst mal gut gemacht, weil sich das am Anfang auch schon als Hürde aufgezeigt hat. Wir haben gesagt, wir fokussieren uns auf wenige unterschiedliche Sensoren, weil das Technologien sind, in die man sich erstmal reinarbeiten muss. Die Konfiguration dieser Sensoren ist zwar nicht komplex, aber man muss daran arbeiten, das haben wir relativ früh feststellen können. Es macht einfach Sinn zu sagen, es gibt ein paar Universal-Sensoren und an denen arbeiten wir. Das war der eine Punkt. Der andere Punkt ist, wir sind alle Maschinenbauer hier und Programmierung und Software ist bei uns nicht so an der Tagesordnung. Da muss man sich reinarbeiten. Keiner von uns war auf irgendeinem Seminar. Jeder hat versucht, irgendwie was rauszufinden. Wir haben uns zusammengesetzt, haben uns ergänzt und ich sage mal, das ist etwas, wo man den Einstieg finden muss. Aber das Schöne ist, dass jede neue Idee, die wir umsetzen, auf diesen Basics basiert. Wir setzen standardisierte Sensoren ein. Wir haben Möglichkeiten der Visualisierung gefunden, die einfach sind. Und im Augenblick betrachte ich jedes Projekt, was hier neu kommt, mehr oder weniger als Reproduktion der Dinge, die wir in anderen Zusammenhängen hier schon angewandt haben.

Cimdins: Sie binden ja die Auszubildenden mit ein. Können Sie von einem Projekt erzählen?

Schröter: Ja, wir haben hier auf dem Gelände Elektro-Tankstellen für unsere Mitarbeiter und da war die Idee, dass wir hier auch Transparenz schaffen wollen. Ist die Ladesäule belegt? Steht da jemand mit seinem Auto und lädt auf oder ist sie frei? Und da kam die Idee auf: „Das kann auch LoRaWAN!“ Das war das Projekt für den Auszubildenden. Der hat an dieser Stelle drei Sensoren eingesetzt, die die Belegung dieser Ladestation abfragen. Unsere Mitarbeiter können über einen Webbrowser auf diese Oberfläche zugreifen und da sehr transparent erkennen, ob der Platz belegt ist oder nicht. Und ich muss sagen, ich war sehr erstaunt. Der Auszubildende hat absolut autark gearbeitet. Dem haben wir nur gesagt: Die und die Sensoren. Und haben ihm ein paar Dinge mitgegeben, wie die Zugangsdaten zu den einzelnen Netzwerken, auf die wir zugreifen. Und dann hat er uns aus meiner Sicht eine wunderbare Lösung präsentiert, die wir im Übrigen demnächst auch auf unserem neuen Parkplatz reproduzieren werden.

Cimdins: Was steht jetzt eigentlich noch an? Sie hatten mir erzählt, dass sie schon vier, fünf Gateways installiert haben mit über 30 Sensoren. Wollen Sie das auch auf andere Betriebsmittel übertragen? Gibt es da schon irgendwas in der Planung, das Sie angehen wollen? Oder sagen Sie, das reicht jetzt erstmal? Das muss sich erst mal bewähren?

Schröter: Ja, ich hoffe, dass das gar nicht notwendig ist. Die Ursprungsidee war ja, den CO2-Gehalt in den Räumen zu erfassen. Und diese Idee ist immer noch da, dass wir die Luftqualität an bestimmten Arbeitsplätzen erfassen könnten. Aber es gibt bestimmt auch noch viele, viele andere Anwendungen, denn man kann ja mit LoRaWAN in zwei Richtungen arbeiten. Es gibt z.B. die Möglichkeit, Steckdosen ein und auszuschalten über dieses System. Ich persönlich sehe da noch viele Möglichkeiten, wo wir auch zukünftig aktiv werden können, was dieses System betrifft. Und ich muss dazu sagen, es ist ja nicht das Ziel innerhalb eines Unternehmens zu spielen, sondern das, was wir machen, ist hier ernst. Hinter jeder Ausgabe muss auch ein Nutzen für das Unternehmen stehen. Wir haben gelernt, dass wir hier diesen Nutzen haben.

Cimdins: Wir haben das Gespräch damit angefangen, dass Sie diese Technologie ins Unternehmen gebracht haben. Gibt es auch den Rückweg? Also gibt es mittlerweile Mitarbeiter oder Kollegen, die Technologie wieder zurück mit nach Hause genommen haben?

Schröter: Ja, das ist eine ganz erstaunliche Geschichte. Ich habe zwar zwei direkte Gesprächspartner im Bereich der Instandhaltung, aber ich habe noch einen Meister in der Elektro-Montage, der mir signalisiert hat, dass er zu Hause auch schon Überwachung hat. Er hat sich ein Gateway angeschafft und überwacht jetzt zum Beispiel die Temperatur seiner Gefriertruhe. Dann hat er so etwas wie einen Bewegungsmelder gegen unberechtigten Zutritt. Und es gibt noch jemand anderen im Haus, der auch ein Gateway installiert hat. Der überwacht seine Zisterne, wo sich das Grundwasser sammelt und überprüft den Wasserpegel, wenn der zu hoch ist. Im Prinzip gibt es eine Pumpe, aber der Ausfall dieser Pumpe würde zum Wasser-Eintritt in das Gebäude führen. Ich glaube, ich habe bestimmt schon drei, vier Leute im Unternehmen von dieser Idee überzeugen können, die dann auch im privaten Bereich solche Installationen vorgenommen haben.

Cimdins: Vielen lieben Dank für das Gespräch. Spannend, was alles passiert ist, weil Sie das Problem hatten, dass der Weg zum Briefkasten etwas länger ist. Und vielen Dank für den Kaffee.

Schröter: Ja, gerne.

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Marco Cimdins
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