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Robotik

Buchholz Hydraulik GmbH: Montage mit kollaborativer Robotik

Wie können Montageabläufe mittels Robotik effizienter gestaltet werden? Dieser Frage ging das Unternehmen Buchholz Hydraulik GmbH zusammen mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kiel nach. Hier stand vor allem die kollaborative Robotik im Mittelpunkt.

  • Buchholz Hydraulik GmbH
  • ca. 380 Mitarbeitende
  • Maschinenbau
  • Umsetzungsprojekt

Teilautomatisierung mit Robotik

Buchholz Hydraulik ist ein international etabliertes, mittelständisches Unternehmen, dessen Kernkompetenz in der Entwicklung und Produktion hydraulischer Steuerventile für Gabelstapler, Baumaschinen und andere mobile Arbeitsmaschinen liegt. Kernprodukt ist ein Ventilblock, der aus einem massiven Stück Metall gefertigt und anschließend mit diversen Bauteilen wie Schrauben, Kugeln oder elektrischen Ventilen bestückt wird. Die Montage eines solchen Blocks wird aktuell manuell von ausgebildeten oder teilweise angelernten Kräften auf Basis von Zeichnungen durchgeführt. Mehrere Gründe sprechen dafür, die Montage der Blöcke zumindest teilweise zu automatisieren. Zum Beispiel der demographische Wandel, der die Gewinnung von neuen Arbeitskräften erschwert. Zudem können durch die teilautomatisierte Fertigung Qualitätssteigerungen erzielt werden.

Das Kompetenzteam des M4KK prüfte, inwieweit einige Montageschritte von einem kollaborierenden Roboter erledigt werden können. Zudem wurde veranschaulicht, wie der Arbeitsplatz durch den Einsatz eines solchen Roboters eingerichtet werden kann.

Produkt der Buchholz Hydraulik GmbH

Komplexe Ausgangssituation

Die Herausforderung bei der Automatisierung liegt in komplexen, aber teils ineffizienten Montageabläufen mit hohem manuellen Aufwand. Kleine Bauteile wie Schrauben oder O-Ringe befinden sich in Griffkästen, aus denen der*die Werker*in die benötigten Teile herausnimmt. Ein großes Problem bei diesen Griffkästen ist, dass ein*e Werker*in häufig mehr Bauteile entnimmt als er*sie eigentlich benötigt und diese Teile dann in eine falsche Kiste zurückwirft. So kommt es regelmäßig zu Qualitätsproblemen. Zudem befinde sich einige Bauteile nicht direkt am Arbeitsplatz, sondern müssen aus anderen Bereichen der Fertigungshalle geholt werden, was einen hohen Zeitaufwand darstellt.

Sämtliche Montageschritte werden entweder von Zeichnungen abgelesen oder sogar aus dem Kopf erledigt. Auch das birgt die Gefahr, dass unbeabsichtigt falsche Bauteile montiert oder gar vergessen werden.

Montageplatz

Der Einsatz eines Cobots

Für diese Montagetätigkeit ist der Einsatz eines herkömmlichen Industrieroboters nicht möglich, da dieser nicht über geeignete Sensorik verfügt, um mögliche Kollisionen mit einem Menschen zu verhindern. Daher müssen hier Roboter verwendet werden, die unter dem Begriff „Cobots“ bekannt sind. Diese Technologie ermöglicht ein kollaboratives Arbeiten zwischen Mensch und Roboter. Die Cobots sind mittlerweile bei vielen – vorwiegend aus dem asiatischen Raum stammenden – Herstellern erhältlich. Diese unterscheiden sich teilweise stark in Qualität, Bedienkonzept und Preis. Für das Projekt wurde ein Cobot von Kuka - der „LBR iiwa“ - verwendet.

Der Cobot wird vorbereitet

Da der am häufigsten vorkommende Montageschritt das Setzen von Schrauben und Ventilen ist, wurde der Roboter zunächst auf diese Tätigkeiten beschränkt. Dafür wird eine geeignete Greiftechnik benötigt. Hier kam ein 2-Finger-Greifer des Herstellers „Robotiq“ zum Einsatz. Dieser Greifer bietet den Vorteil eines adaptiven Greifverhaltens, d. h. der Greifer kann erkennen, ob ein Werkstück gegriffen und vor allem auch welches Teil gegriffen wurde. Dieser Aspekt spielt im Bereich der Qualität eine große Rolle.

Jedoch sind die standardmäßig auf dem Greifer montierten Fingerspitzen nicht gut dafür geeignet, Schrauben oder Ventile zu greifen. Daher mussten hierfür völlig andere Fingerspitzen konstruiert und gefertigt werden. Die erste Version der Spitzen wurde mittels eines 3D-Druckers aus Kunststoff gefertigt. Die Wahl des Materials stellte sich allerdings als unvorteilhaft heraus, da sich durch die recht hohen Greifkräfte das Material nach einer gewissen Zeit verformt. Dies führt dann zu Fehlern, wie zum Beispiel das schiefe Greifen der Schrauben oder einer nicht mehr möglichen Aufnahme. Daher wurde die zweite Version aus Aluminium gefräst, welches deutlich härter ist und sich somit nicht verformt.

Um den Arbeitsplatz tatsächlich kollaborativ zu gestalten, wurde zum Anziehen der Schrauben ein handelsüblicher Stabschrauber verwendet, den sich Mensch und Roboter teilen. Das heißt, solange der Roboter den Stabschrauber nicht mehr benötigt, kann ihn sich der*sie Werker*in aus der Station nehmen und ihn verwenden.

Für die Bereitstellung des Stabschraubers muss er entsprechend gelagert werden. Dafür wurde eine Halterung konstruiert und gefertigt, in dem der Schrauber aufrecht steht, sodass ihn beide Parteien gut erreichen und greifen können. Diese Halterung kann an entsprechender Stelle mit einem Tisch verschraubt werden.

Der Roboter wird programmiert

Das Team vom M4KK hat somit einen Roboter ausgerüstet, mit dem Schrauben verschiedener Größen in einem Hydraulikblock verschraubt werden können.

Die zu montierenden Schrauben werden in einen Tray gelegt. Daraus entnimmt der Kuka Roboter mit dem 2-Finger Greifer eine Schraube und steckt Sie zunächst in den Hydraulikblock. Anschließend wird die Schraube zunächst in einen Gewindegang hineingeschraubt. Dann wird die Schraube losgelassen und der Roboter holt sich den Stabschrauber. Damit wird die Schraube dann endgültig festgezogen. Der hier skizzierte Ablauf stellt den Fall dar, dass alles auf Anhieb funktioniert, was nicht immer der Realität entspricht.

Programmvorgang im Detail

Bevor der Roboter startet, müssen die Orte an denen sich die Schrauben, der Hydraulikblock etc. befinden eingelernt werden. Wird das Roboterprogramm gestartet erscheint zunächst auf dem Bedienpanel ein Benutzerdialog, welches dem*r Werker*in mitteilt, welche Bitgröße in den Stabschrauber eingesetzt werden soll. Bestätigt der Benutzende den Vorgang setzt sich der Roboter in Bewegung und fährt zum Tray, in dem sich die zu montierenden Schrauben befinden. Aus diesem Tray nimmt sich der Roboter eine Schraube, transportiert sie zum vorgesehenen Loch des Hydraulikblocks und setzt die Schraube ein. Durch Kontrollbewegungen und Positionsabfragen wird nun kontrolliert, ob sich die Schraube im Loch befindet. Ist dies nicht der Fall, tritt ein Fehlerzustand ein und der*die Werker*in muss eingreifen. Sitzt die Schraube jedoch korrekt im Loch, dreht der Roboter seine letzte Achse um ca. 300°, um die Schraube in einen Gewindegang hineinzuschrauben.

Auch hier findet wieder eine Kontrolle statt, ob die Schraube im Gewinde sitzt, indem an der Schraube gezogen wird. Lässt sich die Schraube herausziehen, bedeutet das, dass sie nicht festsitzt und es wird ein neuer Versuch gestartet. Sitzt die Schraube im Gewinde, wird der Greifer geöffnet und der Roboter bewegt sich zur Schrauberstation, greift sich den Schrauber und fährt mit ihm über die zuvor plazierte Schraube und versucht mit dem Bit in den Schraubenantrieb zu treffen. Ist dies nicht geglückt, wird zusätzlich der Schrauber etwas vom Roboter eingedreht, um in den Antrieb zu kommen. Ist auch das nicht erfolgreich startet der „Ansetzprozess“ von vorne. Sitzt der Bit im Antrieb, wird die Schraube vom Stabschrauber fest angezogen, der Schrauber zurück zu seiner Station transportiert und am Schluss fährt der Roboter zur Ausgangsposition über dem Tray. Nun findet noch eine Kontrollabfrage statt, ob weitere Schrauben montiert werden sollen. Ist dies nicht der Fall, beendet sich das Programm. Sollen noch weitere Schrauben montiert werden, startet der gesamte Prozess erneut.

Neue Arbeitsplatzkonzepte

Der Einsatz von einem bzw. mehreren Robotern in der Montage benötigt ein völlig neues Arbeitsplatzkonzept. Faktoren wie Erreichbarkeit aller Blöcke und Trays für den Roboter, Zu- und Abführung von Rohteilen und Fertigteilen sowie die Effizienz stehen dabei im Fokus. Im Zuge des Projekts wurden daher zwei Arbeitsplatzmodelle erstellt, die sich stark in Aufbau und Bedienung unterscheiden.

Das erste Konzept ist sicherlich ein vom Aufbau untypisches Modell, da runde Tische zum Einsatz kommen. Hier ist ein*e Mitarbeiter*in für jeweils drei Arbeitsplätze zuständig, die kreisförmig angeordnet sind. Da es bei der Montage immer Abschnitte gibt, in denen jeweils der Roboter oder die Person etwas montieren muss, kommt der Mitarbeitende nur an einen Platz, wenn es dort etwas für ihn*sie zu tun gibt. In der Mitte befindet sich eine „Basis“, die als zentraler Anlaufpunkt für den Mitarbeitenden dient und beispielsweise Werkzeug bereitstellt. An jedem einzelnen Arbeitsplatz befindet sich ein Roboter, der sich auf einer Schiene bewegen kann, um alle Punkte des Tisches erreichen zu können und die verschiedenen Bauteile montiert. Zusätzlich ist ein Screen am Tisch angebracht, der eine Montageanleitung anzeigt. An den Seiten des Arbeitsplatzes werden Wagen angedockt, die Einzelteile beinhalten bzw. auf die später die fertig montierten Blöcke abgelegt werden können. Wie bei Buchholz Hydraulik üblich wird an jedem Arbeitsplatz eine 8er-Charge von Blöcken bearbeitet.

Vorteilhaft an diesem Modell ist, dass mit nur einem Mitarbeitenden 24 Blöcke zur gleichen Zeit montiert werden können. Jede 8er-Charge könnte sich dabei auch noch voneinander unterscheiden. Aufgrund dieser Tatsache kann es aber auch dazu kommen, dass es durch fehlende Abstimmung der drei Montageprozesse zu Wartezeiten der Roboter kommt, wenn bspw. an zwei Tischen gleichzeitig der Mitarbeitende angefordert wird und sich somit die Dauer der Montage verlängert. Außerdem kann eine Überwachung von drei Arbeitsplätzen sehr unübersichtlich werden, gerade wenn unterschiedliche Chargen produziert werden. Dies kann zu Fehlern und somit zu Qualitätsproblemen führen.

Das zweite Konzept besteht aus zwei Werkbänken in Form von rollbaren Wagen, die gegenüberliegend angeordnet sind. Zwischen den Werkbänken befindet sich ein Tisch, der Werkzeuge sowohl für die Person als auch den Roboter bereithält. Aufgrund dieser Anordnung kann der Roboter die auf den Werkbänken plazierten Hydraulikblöcke und die zu montierenden Bauteile erreichen. Diese rollbaren Werkbänke werden schon vorab in einer vorgelagerten Station z.B. im Lager mit den Rohteilen und Spezialwerkzeugen (in den Schubladen) bestückt und dann an die Montagestation angedockt. Ähnlich wie beim ersten vorgestellten Konzept findet hier ein abwechselndes Arbeiten von Roboter und Mensch statt. So werden stets beide Seiten gleichzeitig bearbeitet. An jeder Seite des Arbeitsplatzes befindet sich ein Display, auf dem Montageanweisungen für den*die Werker*in dargestellt werden.

Vorteilhaft an diesem Konzept ist, dass die Person am Arbeitsplatz zu keinem Zeitpunkt etwas (evtl. Schweres) heben bzw. umpacken muss. Bei einem perfekt abgestimmten Arbeitsablauf findet eine Minimierung der Stillstandzeiten des Roboters statt.

Fazit

Dieses Projekt hat gezeigt, dass es grundsätzlich möglich ist, einen kollaborativen Roboter für die Montage von Schrauben und Ventilen an einem Hydraulikblock zu verwenden. Jedoch ist für ein komplett einsetzbaren System noch großer Entwicklungsaufwand nötig. Nichts desto trotz erhielt die Buchholz Hydraulik GmbH einen Einblick in die Möglichkeiten der kollaborativen Robotik und will diese im Betrieb weiter entwickeln. Daher beteiligt sich das Unternehmen auch am Forschungsprojekt “Robotics out of the box”.

Ansprechpartner

Prof. Dr.-Ing. Bernd Finkemeyer
Prof. Dr.-Ing. Bernd Finkemeyer Mensch Roboter Kollaboration

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